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Wer dick und fett ist, soll also auch dick und fett bezahlen.  Die Kampagne dauert schon einige Zeit. Wer erinnert sich noch an Frau Doris Leuthardt, damals noch Aargauer Nationalrätin, der es gestunken hat, dass sie wegen Menschen, die einen unseriösen Lebenswandel führen, höhere Krankenkassenprämien bezahlen muss. Nachdem Frau Leuthardt in den Bundesrat entschwebt war, doppelte eine weitere aargauische Nationalrätin der christlichen Partei nach, auch sie stellte diese Forderung.
Die NZZ hat auf ihrer Webseite ebenfalls ein schlaues Programm, bei dem Abnehmen sogar noch Spass macht. Man wägt und zählt die Kalorien ab und aus und lebt damit in Saus und Braus.
Wie heisst es doch «Everybody tells a story» jeder Körper erzählt eine Geschichte. Nachdem die so genannten Schönheitschirurgie – keiner weiss genau, weshalb sie so heisst  – ihren Siegeszug angetreten hat, die Kieferchirurgen und Zahnärzte Mitteleuropa flächendeckend mit Zahnspangen und anderen Zeug versorgt haben, ist nun also das Körpertuning angesagt. Die Botschaft ist klar, wer fett ist, ist selberschuld. Diese Vermutung gilt zunächst einmal bis zum Beweis des Gegenteils, dass allenfalls irgendwelche Fettgene verrückt spielen oder eine Stoffwechselkrankheit für die Fettleibigkeit sorgen.
Auf der Oberfläche der gesellschaftlichen Erscheinungen scheint es auch so zu sein, dass wer fett auch dumm ist. Zudem zeigt sich, dass wer arm ist auch fett ist. Junk Food, Schnäppchen-Food, das alles macht fett, Bio-Gemüse, das die Bildungsschicht sich reinzieht eher nicht.
Vor kurzem blickte Trainer Max angestellt von einer Versicherungsgesellschaft ganz böse im Stile des grossen Bruders von der Plakatwand und schimpfte, wenn man das Tram anstelle des Velos nahm, um damit zur Arbeit zu fahren, und kürzlich warben die Domnia und der alternde Pfadiführer militant für irgendwelche Gesundsäfte.
Was geschieht hier eigentlich?
Nun nichts fürchterlich Neues.
Der Kapitalismus hat einfach neue Felder der Ausbeutung entdeckt.
Dazu war es nötig, im Dauerbombardement neoliberaler ideologischer Versatzstücke, den Gedanken der Solidarität massiv zu zerstören. So dass heute jeder, der auf die Solidarität seiner Mitmenschen setzt, sich dem Vorwurf des Schmarotzertums aussetzt. Das ist insofern einfach und interessant, als die Schmarotzer, die Börsenspekulanten und anderen Kapitalisten unter dem verlogenen Vorzeichen der Eigenverantwortung, ihre schon ertrogenen so genannten Gewinne auch am Fiskus vorbeizuschleusen versuchen, wie gerade der in diesen Tagen  so aktuelle Fall bundesrepublikanischer Steuerakrobaten- und hinterzieher uns im Falle der liechtensteinischen Staatsbank vor Augen führt.
Der herrschende Körperdiskurs ist faschismusnahe. Wieder müssen Körper purifiziert, aesthetisiert und gereinigt werden und neu kalibirert werden muss. Erst wenn das möglich ist, dann öffnet sich dieser Markt einer wirklich realen Subsumtion der Menschen unter jenes gesellschaftliches Verhältnis, das sie am Leben erhält. Dicke Menschen sind in den letzten Jahrzehnten schon immer verspottetl, verhähnt und lächerlich gemacht worden nun werden sie nach der einzigen Moral, die diese Gesellschaft noch zu kennen scheint, jenem der Kapitalverwertung, dem ROI, dem König genannt auch «return on investment» beurteilt und abgeurteilt.
Und dies geschieht in aller Freiheit, während mehr als eine Milliarde Menschen dieses BMI-Problem gewiss nicht haben, weil sie hungern.
Das erhält so schön schlank.