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Die vermischten Meldungen auf Seite 11 der NZZ vom 3. Juli 2008 (Nr. 153) vermeldet folgendes, das es wert ist, im vollständigen Zitat genossen zu werden. Es ist eine dieser typischen Tickermeldungen, die quasi meterweise aus den Druckern der Presseagenturen herausquellen :
«Frau stirbt im Wartezimmer einer New Yorker Klinik. Keine Hilfe vom Personal erhalten.
New York , 2. Juli (dpa). In New York ist eine 49-jährige Frau im Wartezimmer einer psychiatrischen Klinik gestorben, ohne Hilfe zu bekommen. Dies zeigt das Video der überwachungskamera, das am Mittwoch im amerikanischen Anchrichtensender CNN gezeigt worden ist. Im Video ist zu sehen, wie die Frau von einem Stuhl fällt, mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden liegen bleibt und Krampfanfälle bekommt. Erst nach mehr als einer halben Stunde sei die Patientin reglos geblieben (auch die Zeitungsredaktionen sind nicht mehr, was sie einmal waren, aber der Chronist schreibt genau ab, sorry für das Deutsch /eog). Das Personal habe sie in der ganzen Zeit nicht beachtet, berichtete die Bürgerrechtsorgnaisation New York Civil Liberties Union.  Nach insgesamt mehr als einer Stunde sei eine Krankenschwester gekommen und habe die Frau mit dem Fuss angestossen, drei Minuten später sei Hilfe gekommen.
Der Vorfall ereignete sich laut den Angaben am 19. Juni. Die Frau war einen Tag zuvor wegen «Erregung und Psychose» unfreiwillig in das Spital gebracht worden. Später habe die Klinik die Akte der Patientin gefälscht, um den Vorfall zu vertuschen, erklärte die Bürgerrechtsorganisation. Die Aufsichtsbehörde erklärte, sie sei geschockt. Die Bürgerrechtsoganisation hatte das Spital lim vergangenen Jahre wegen unzumutbarer Zustände verklagt.
Schon im letzten Jahr hatte ein ähnlicher Fall in Kalifornien für Schlagzeilgen gesorgt. In der Notaufnahme einer Klinik in Los Angeles kämpfte damals eine 43-jährige Frau 45 Minuten lang mit dem Tod, ohne dass das Personal sie beachtete. Angestellte gingen achtlos vorbei. Vergeblich versuchte ihr Freund, von einem Münztelefon ausserhalb des Spitals aus Hilfe zu bekommen. Die Behörden hielten das Video des Vorfalls mehr als ein Jahr unter Verschluss. Erst kürzlich wurden Auszüge anonym der «Los Angeles Times» zugespielt».
Was lernen wir daraus? Das Sicherheitsdispositiv dieser beiden Krankenhäuser war mangelhaft. Das Risikomangement hätte die inkriminierenden Videobänder einfach physisch vernichten sollen oder besser noch die Bänder so manipulieren, dass die beiden PatientInnen darauf nicht mehr sichtbar gewesen wären.

Ist das jetzt zynisch oder bloss sarkastisch? Im Hinblick auf die involvierten Menschen schon, im Hinblick auf das investierte Kapital wäre so etwas ganz einfach funktional, effizient und effektiv. Eine Betrachtungsweise, die alles in gesellschaftliche Verhältnisse auflöst, kann einer solchen Sichtweise Vorschub leisten. Es gibt dann einfach wichtigere und unwichtigere Verhältnisse oder anders gesagt: es gibt Unterdrückte und Unterdrücker. Es wird dann auch sichtbar, dass die Konkurrenz der Kapitale untereinander über die Abhängigkeitsketten der Lohnarbeit vermittelt, die Aufgabe eines Spital pervertieren kann, wenn die betriebswirtschaftliche Rechnung wichtiger wird, als der Zweck des Spitals. Der Zweck des Spitals in einer kapitalistischen Perspektive ist es aber nicht in erster Linie, Menschen zu helfen, also Patienten nach bestem Wissen und Gewissen zu behandeln, sondern das Helfen von Menschen, also das Behandeln von Patienten nach bestem Wissen und Gewissen, ist ein blosses Mittel geworden zum Zwecke der Kapitalverwertung. Damit werden Menschen aber zu Mitteln, was gegen einen Grundsatz der kantschen Ethik verstösst, die besagt, dass Menschen nicht Mittel für die Zwecke anderer Menschen werden dürfen. Die Institution der Lohnarbeit, hat aber, und das gezeigt und analysiert zu haben, ist eines der grossen und bleibenden Verdienste von Karl Marx, genau dies zur Folge. Deshalb ist am Begriff der Ausbeutung festzuhalten, der nichts mit einer konkreten Höhe eines Lohnes zu tun hat.
Nun der Zürcher Gesundheitsdirektor, Herr Heiniger, hat gewiss nicht solche Zustände, wie sie die NZZ heute berichtet im Auge, wenn er sein Programm der Zweiklassenmedizin vorantreibt. Es ist auch nicht nötig, dass er sie vor Augen hat, sie sind die einfach und logisch die unmittelbaren Folgen seines Vorhabens, das eben nicht mehr auf die Verantwortung gegenüber den hilfebedürftigen kranken Menschen ausgerichtet ist, sondern auf die Verantwortung gegenüber inverstiertem Kapital.
Man sollte sich vielleicht in diesem Zusammenhang auch wieder einmal zu Gemüte führen, was Michel Foucault –  richtig, der mit der Glatze vom Collège de France, der Schwule, der an Aids gestorben ist, das er sich in den kalifornischen darkrooms geholt hat, genau dieser –  über die Klinik gesagt hat, nur so nebenbei bemerkt.
Dass Heiniger ganz gut den Puls der Zeit fühlt, zeigt allerdings die Meldung der NZZ auf Seite 16 vom 3. Juli 2008 unter foglender Schlagzeile:
«Bei der Gesundheit aufs Geld schauen. Mehrheit bereit zu Beschränkungen bei Therapie und Spitalwahl».
Der Text ist lesenswert und beginnt so:
«Die Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer hat laut dem neuesten «GfS-Gesundheitsmonitor» ein gemässigt positives Bild von der Gesundheitsvorsorge. Erstmals ist zudem eine knappte Mehrheit zu Konzessionen bei der Therapie- sowie der Spitalwahlfreiheit bereit. Abstriche bei der Freiheit der Wahl des Arztes und beim Zugang zu neuen Medikamenten sind weiterhin nicht mehrheitsfähig.  Der am Mittwoch veröffentlichte «GfS-Gesundheitsmonitor 2008», der im Auftrag der forschenden Pharmaindustrie (Interpahram) hergestellt wird, wählte dieses Jahr die Gesundheitsvorsorge zum Schwerpunktthema».
Wir erinnern uns doch, war da nicht vor gut einem Monat die Abstimmung über die Zweiklassenmedizin, wo diese gerade noch verworfen wurde? Immerhin geht es, wenn auch langsam vorwärts in diese Richtung, steter Tropfen höhlt den Stein und langsam werden doch bei der Bevölkerung nun auch Standpunkt merheitsfähig, die vor ein paar Jahren schlichtweg noch als unsittlich bezeichnet worden wären.

Die Pensionskasse der SBB steckt tief in der Tinte. Das ist bekannt. Die Frage ist bloss, wie man sie da wieder rausholt. Nun kurz vor der Sommerpause hat der Bundesrat sich dazu Gedanken gemacht. Die NZZ berichtet in der Rubrik «Schweiz» auf Seite 13 darüber. Der Kommentar der NZZ hält fest, dass dieser Zustand der SBB-Pensionskasse die Folgen eines Gesetzgebungsprozess sind, der Mitte der 90er Jahre stattgefunden hat, als die Neoliberalisierung nicht schnell genug gehen konnte und man einfach die Chancen, nicht aber auch die Risiken von Aktiengeschäften betrachtete.Hier wird vollständig vergessen, dass Chance und Risiko statistisch gesehen ungefähr das Gleiche meinen, nämlich die Eintretenswahrscheinlichkeit eines Ereignisses. Und eine alte Bankerwahrheit ist es doch dass die Chance auf schnelles Geld mit hohem Risiko für das investierte Kapital verbunden ist, sonst gäbe es die höhe Prämie nicht - stupid it is the economy oder sometimes economy is stupid! Jedenfalls sind die Schwierigkeiten der SBB-Pensionskasse von heute selbstverständlich die Folgen, der mit diesen Chancen von Aktiengeschäften verbundenen Möglichkeit in zehn Jahren 7000 Arbeitsplätze über Frühpensionierungen abzubauen, von 32000 auf 25000 Angestellte zu reduzieren – mit der Folge, dass der Wagenunterhalt schlechter wurde und die Züge wegen mangelnder Türschliessung viele Verspätungen einfahren, das allerdgins nur nebenbei.
Dann hat sich die SBB-Pensionskasse, wie alle anderen auch, an den Aktienmärkten verspekuliert, 72 % ihrer Verluste sind darauf zurückzuführen (vgl. weiter oben die erwähnt einfache ökomische Gleichung).  «Je 14 Prozent sind auf versicherungstechnisch nicht korrekt finanzierte Leistungen» (eben auf freiwillig gewährte Frühpensionierungen) sowie auf Altlasten (Wechsel versicherungsmathematischer Grundlagen, nicht beeinflussbare privilegierte Pensionierungsbedingungen) zurückzuführen. Zu deutsch auf einen veritablen Sauhaufen, über den alle, die ihre Steuererklärungen korrekt ausfüllen, sich zu recht ärgern werden.
Das Schöne kommt aber erst noch, gut zu hören:
«Die daraus resultierenden Kosten weden von Steuerzahlern und mutmasslich auch von den SBB-Angestellten als späte Konsequenzen des zu kurzsichtig angegangenen Umbaus eines Staatsbetriebs abgeschrieben werden müssen».
Wie sagen doch die Neoliberalen immer, dass der Mark alles günstiger macht, jedenfalls begünstigt er die Ausbeutung der Menschen durch andere Menschen. Soll man nun einfach sagen, das sei halt dumm gelaufen, zudem habe man vielleicht auch etwas Pech gehabt beim Spekulieren ....
Damit solches nicht überbordet, braucht es eben die Leitplanken des Rechts. Nicht zuletzt sind solche Leitplanken auf supranationaler Ebene nötig, etwa bei der EU, die sich nun eine umfassende sozialpolitische Agenda zugelegt hat, die etwa die Rechte der PatientInnen in den verschiedenen Mitgliedstaaten stärken soll, die Schutz vor Diskriminierung biete (NZZ, 3.7.08, Seite 21). Der Kommentar der NZZ auf Seite 26 hält dazu kurz und bündig fest: «Die EU-Sozialagenda als «Flickwerk» ohne viel Mehrwert» – die klareren Regeln für die grenzüberschreitende Inanspruchjnahme von Gesundheitsdiensten im Binnenmarkt sei zwar sinnvoll,  nur für eine Minderheit der Bevölkerung wichtig. Ob die  Anti-Diskrimninierungsvorschriften  aber zu mehr Bürokratie oder zu mehr Gleichbehandlung führen?