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Es fällt mir schwer, nicht hier bereits zynisch zu werden, im Sinne von designed by Gucci, Armani, oder darf es eher sportlich sein, dann von adidas oder puma.

Dahinter steht wie immer eine traurige Geschichte.

Ich meine nicht die des todkranken Brüderchens – die ist zwar auch sehr traurig, aber das ist eine private Geschichte, die auch privat sein soll.

Die Eltern machen öffentlich. dass sie ein Kind produzieren lassen haben– so die Schlagzeile auf S. 28 - »Im Reagenzglas gezeugt, um den Bruder zu retten«.

Und das ist per se falsch, denn nie darf ein Mensch Mittel für einen anderen Menschen sein. Wird diese Grenze überschritten, dann überschreitet man den Rubikon zu Barbarei.

Ohne jemanden hier vorschnell zu verurteilen, ist festzuhalten, dass die Kritik sich hier in erster Linie als Kritik einer Narration versteht, einer Narration die mir medial vermittelt wird, durch die Sonntagsausgabe eines so genannten schweizerischen Qualitätsblattes.

Im Laufe des Artikels erfährt man, dass die Mutter um ihren Gendefekt wusste. Sie wusste um die Chance, ein Kind mit einem genetischen Defekt das Leben zu schenken. Weil sie vermeintlich verantwortungsvoll war, liess sie einen Gentest machen, um zu vermeiden, ein Kind mit dem Gendefekt zu gebären.

Der Test missriet, denn er lieferte ein falsches Ergebnis. Der Test sagte, aus, das Kind würde diesen Gendefekt nicht haben, tatäschlich besass es ihn aber.

Das Kind lebt und kann sich gegen Infektionen nicht schützen.

Eine Gentherapie gibt es nicht, aber man kann den Fehler der gentechnologischen Diagnostik mit gentechnischen Mitteln beheben. Die ganze Geschichte ist eine Geschichte aus der Abstellkammer von Frankensteins Labor.

Das Blut aus der Nabelschnur eines Geschwisterchens, das ein identisches HLA-Bild (HLA-Human-Leukozyten-Antigene) besitzt, könnte dazu verwendet werden, ihm das Leben zu retten.

Die Mutter macht sich auf den Weg, in Belgien, bei der Spezialistin Hilde van de Velde, lässt sich sie ein solches Baby aus einer eigenen Eizelle und dem Samen ihres Mannes designen. Am 10. Januar 2005 hat sie ihre designte Tochter geboren, ein Kind designed to save live. So etwas wie eine Erlöserin im Bonsaiformat.

Es ist aber wieder etwas schief gegangen.

Das Blut aus der Nabelschnur des kleinen Mädchens hat leider nicht ausgereicht, um dem Bruder das Leben zu retten, dazu müssen sich die Geschwister noch einer Knochenmarktransplantation unterziehen lassen.

Die Zeitung schreibt: »Der kranke Patrick weiss, was auf ihn zukommt. Die Mutter hat ihrem Sohn auch gesagt, dass seine kleine Schwester darauf hin ausgewählt worden ist, ihm zu helfen. 'so richtig begriffen hat es noch nicht, aber erliebt seine Schwester sehr'«.

Gewiss, wer würde seine Erlöserin nicht lieben, und die ist nicht gefragt worden, zu was sie denn missbraucht wird.

Die EthikerInnen sind uneins, darüber ob so etwas gemacht werden darf oder nicht. Die angefragte Frau sagt:

»Die In-vitro-Fertilisation hat  die Hemmschwelle, menschlicheses Leben zu Sache zu machen, massiv gesenkt«, so wird Ruth Baumann-Hölzle, Medizinethikerin aus Zürich zitiert. Und sie zieht auch in Rechnung, dass die derzeitige Regelung, wonach eine Frau aufgrund einer pränatalen Diagnostik im vierten Monat  abtreiben muss, der Selektion von Embryonen vor.

Frau Baumann-Hölzle sagt: »Die Frau hat einen direkten Bezug zum werdenden Leben und entscheidet bei einr Krankheitsdiagnos unter Umständen anders, als wenn es sich um einen Embryo aus dem Labor handelt«.

Sie hält das Tun von Frau van de Velde für eugenisch und nennt es »eine eugenische, selektive Beurteilung von menschlichem Leben«.

 

Der Mann – es handelt sich um den Ethikprofessor Hans-Peter Schreiber (Leiter der Fachstelle für Ethik und Technologiefolge-Abschätzung an der ETH Zürich) – ist da etwas anderer Ansicht. Seine Ansicht ist tatsächlich interessant und studierenswert:

»Ein drei Tage alter Embryo aus acht Zellen stellt noch kein schützenswertes Leben dar – sonst müsste auch die Spirale verboten werden, die den Embryo bedeutend später tötet. Daran zu forschen, mit dem altruistischen zweck, Leben zu retten, muss erlaubt sein«.

Der Mann hat seine Meinung geändert, vor drei Jahren bezeichnet er die Zeugung eines Kindes zur Rettung eines anderen Kindes als verwerflich, weil dieses menschliche Leben nicht um seiner selbst willen entsteht. Heute lässt er sich so zitieren: »Mittlerweile sehe ich das anders, schliesslich ist die Instrumentalisierung von Kindern in unserer Gesellschaft üblich, beispielsweise, wenn Eltern Kinder ezugen, um ihre Beziehung zu retten«.

Wir wollen seinen Gesinnungswandel nicht dahingehend kommentieren, obwohl einem da auch einiges in den Sinn kommen könnte, sondern nur nach dem Wert der Aussagen eines Ethikers fragen, der in diesen Fragen mal so mal so denkt.

Wir schliessen daraus, dass es nichts hilft, bei Grundfragen des Lebens auf die EthikerInnen zu hören, sondern dass man sich selbst um diese Fragen der Ethik zu bemühen hat, die sogenaannten Spezialisten sind selbstverständlich nicht in der Lage, Orientierungen zu geben, wie könnten sie auch, da sie von der Entscheidung, die ein Mensch zu treffen hat, nichts verstehen.

Aber noch etwas anderes ist an diesem Artikel an diesem Sonntag bedenkenswert, der kleine Satz auf Seite 1: »Brisant daran ist, dass in der kommenden Session im Bundeshaus ein Vorstoss von FDP-Nationalrat Felix Gutzwiler besprochen wird. Er fordert, dass die Präimplantatiosndiagnostik in bestimmten Fällen erlaubt werden soll,  etwa wenn eine Erbkrankheit verhindert werden kann. Die Kommission hat dem Vorstoss knapp zugestimmt«.

Und vielleicht erinnert man sich auch noch an jene Arena vor einigen Monaten, als genau über das Gentechnologiegesetz über das Eigentum an Embryonen gestritten wurde und der gleiche Nationalrat und Professor vorgeschlagen hat, dass die Eigentümer der Embryonen – das sind die Ei- und SamenspenderIn –, diese ja der Forschung schenken könnten.

Auf Seite 29 dieser Zeitungsausgabe sagt die Designfachfrau Hilde van de Velde auf die Frage, was mit dem überzähligen Leben – auch das ein eindrücklicher Begriff – geschehen wird: »Das überlassen wir den Eltern. Einige lassen sie tiefkühlen, für den Fall, dass sie später noch ein Kind möchten. doch die meisten, und darunter sind auffallend viele Katholiken, lassen sie einfach wegwerfen«.

Interessant ist hier der nicht stabile Sprachgebrauch, es gibt zwar Eltern, aber noch kein Kind, sondern einen Embryo, dessen Leben am dritten Tag vom Ethiker als noch nicht schützenswert betrachtet wird.

Bisher gab es Eltern nur in Relation zu Kindern, das war zwingend. Logischerweise müsste dann auch von Samenspender und Eispenderin gesprochen werden, nicht von Eltern. Dieser kulturelle Zwang ist durch die neuen gentechnologischen Mittel aufgehoben worden.

Die Folgen sind klar und eindeutig und niemand soll sagen, man hätte es nicht wissen können: menschliches Leben wird skalierbar zwischen den Polen »eigensinnig« und »zweckmässig«.

Wenn aber Menschen zu Zwecken werden, dann ist der Schritt zum offenen Faschismus nicht mehr sehr weit.

 

Die Geschichte, so sagte ich zu Beginn, sei eine traurige.

Die Sicht der Mutter ihren Kritikern gegenüber ist deutlich und klar: »Diese Leute kennen die Situation nicht, in der wir stecken, sie haben nichts durchgemacht. Sie haben kein Recht, zu urteilen«.

Ein verständlicher, aber ein schwieriger Satz, man muss nicht alles selbst durchgemacht haben, um ein Urteil zu fällen, das gerade nicht.

Zudem muss sie sich wohl auch fragen lassen, weshalb sie ihre Story jetzt gerade publik macht, wenige Wochen vor dem Antrag von Professor Gutzwiler. Wenn sie sich nichts dabei gedacht hat, muss sie es sich gefallen lassen, dass sie sich instrumentalisieren lässt für etwas, was mit ihrem Fall nur ganz am Rande etwas zu tun. Aus Dankbarkeit dafür  kann sie ja der Forschung das überzählige Leben schenken.

Das Thema ist nicht ausgestanden, auf Seite 25 sind drei LeserInnenbriefe abgedruckt, die sich zu einem Artikel »die Testspirale dreht sich« und »Niemand will auf Fortschritte in der Biomedizin verzichten«, die am 23. Mai 2005 abgedruckt waren, über die Vorteile der pränatalen Diskussion kritisch äussern. Die Frauenärztin Maria Caminati aus Binningen, schreibt:

»Dieser Artikel, der vorgibt, objektiv zu informieren, ist in Wahrheit äusserst tendenziös. Mit keinem Satz wird erwähnt, dass es problematisch ist, eine Schwangerschaft abzubrechen, nur weil das Kind das Down-Syndrom hat. Mit dieser strikt eugenischen Argumentation gerät man in ein fragwürdiges Feld. Bringen behinderte Menschen unserer Gesellschaft vielleicht auch Vorteile? In einer Zeit, in der immer mehr Effizienzdenken und Relgementierung bins in intimstes Dinge hinein bestimmend wirken, können 'dissidente' Menschen eine wichtige Ergänzung bilden. Eigenschaften wie Langsamkeit, Kindlichkeit und Unangepastheit können uns einen Moment der Menschlichkeit erfahren lassen. Vielleicht sollten einige Wissenschaftler wieder einmal Märchen lesen, in welchen oft der 'Dümmste' am Schluss König wird, weil er die Welt mit ganz anderen Augen anblickt».

 

Obwohl ich hier viel Sympathien für die Briefschreiberin empfinde, stört mich ihre Formulierung »Bringen Behinderte Menschen unserer Gesellschaft vielleicht Vorteile?«

Menschen bringen einer Gesellschaft grundlegend nichts. Sie sind einfach in der Gesellschaft oder sie sind tot. Punkt.

Wer so argumentiert, wie die Schreiberin des LererInnenbriefs, macht die Sicht einer Position auf die Gesellschaft zur Gesellschaft selbst und gibt vor in deren Namen zu sprechen.