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Heute ist die junge, schöne Frau eine aufstrebende Musikerin und hat mit ihrem Buch «Feuerherz» soeben ihre Lebensgeschichte veröffentlicht. Auf die Frage, was sie denn am meisten beeindruckt habe, als sie in Deutschland angekommen sei, sagte sie, das Wasser, das aus dem Wasserhahn lief, ohne je aufzuhören.
Und sie sagte später noch etwas, dass hier ja niemand verhungere. 
Hier habe sie beeindruckt, dass auf dem Fleisch im Supermarkt ein Verfallsdatum stehe. In Afrika werde ein Tier ganz verbraucht, wenn es geschlachtet werde und man bete, bevor man es schlachte. 
Frau Mehari hat eine Organisation gegen die Kindersoldaten gegründet und sagt dabei etwas weiter wichtiges: Afrika sei anders als Europa, da sei man mit 14 Jahren schon Mutter. Deshalb verlange diese Organisation, dass die Kinder erst ab dem Alter von 15 Jahren militärisch trainiert werden dürften. 
In Eritrea hätte sie für die Armee Wasser und Holz sammeln müssen, und auch im Sudan hätten sie das Wasser von einem Brunnen holen müssen und stundenlang tragen. 
Hier scheint ein Moment von Behinderung auf, die quasi allumfassend ist. Wesssen Schicksal es ist, in diesem Gebiet zur Welt zu kommen, ist von allem, was für uns normal erscheint grundsätzlich ausgeschlossen.

Wenn man «Behinderung» so fasst, also im Kontext einer sozialen Konstruktion, dann löst der Begriff sich auf und wird weitgehend deckungsgleich mit Diskriminierung, mit Ausschluss auf bestimmten Dimensionen gesellschaftlicher Stratifizierung, was etwa zu Armut, oder zu Not führt.

Sonderpädagogik löst sich dann auf, genauso wie Sozialpädagogik und soziale Arbeit.

Das Differenzkriterium wird dann Teilhabe an zentralen Gütern an bestimmten sozialen Orten oder sozialen Umwelten und das wiederum ist ein Konzept, das nicht mehr weit vom alten Klassenkampfkonstrukt entfernt ist, wo eine Gruppe, die sich als «Proletarier» definierte, als Ausdruck des Menschlichen schlechthin, welche sich formierte, um gegen die «Ausbeutung» und die «Ausbeuter» zu kämpfen. Über das Scheitern dieses Konstruktes muss man sich nicht weiter aufhalten. Wichtig daran ist, dass das Problem der Historisierung, der Besonderung nicht gelöst werden konnte, mit diiesem Rückgriff auf das Allgemeine.

Im Kern geht es tatsächlich um eine Frage der Politik und der politischen Ideologie. 
Es geht um das Konzept von «Freiheit – Gleichheit – Brüderlichkeit», das im Zuge der Revolution aufgestellt wurde, der Revolution, die das religiös basierte politische System auf ein laiizistisches umstellte. 
Für das Konzept der Freiheit wurden die demokratischen Regeln und Systeme erfunden. 
Die Frage der Gleichheit als Frage der Mündigkeit, im Sinne der Aufhebung aller feudalen Abhängigkeiten, wurde mit der Bestimmung des Menschen als Rechtssubjektes gelöst und die Konzepte des Sozialismus haben alle damit zu tun, wie eine gleichberechtigte Teilhabe an den zentralen Gütern der Gesellschaft möglich ist. Kein richtig funktionierenden Konzept ist für das je gefunden worden, was die Revolution mit «Brüderlichkeit» bezeichnet hat.

Hier geht es um die Behandlung der Heterogenität, ohne dass die Differenz moralisch bewertet wird. Das hat von Anfnag nicht richtig funktioniert, als Olympe de Gouges naiverweise meinte, die Menschenrechte müssten auch für Frauen gelten, wurde sie dafür geköpft. 
Das den Schwarzen ursprünglich zugestande Menschenrecht wurde wieder rückgängig gemacht und Toussaint Louverture, der Königssohn aus dem afrikanischen Benin und Anführer des Sklavenaufstandes – er ist der Spartakus der modernen Zeit – ist in einer französischen Festung im Jura Elend an seiner Lungenkrankheit gestorben.

Es ist auch den oppositionellen Bewegungen nicht gelungen, diese Thematik zu integrieren und seit dem Ausschluss der Anarchisten aus der Arbeiterbewegung kann dieses Thema nicht mehr praktisch politisch reflektiert werden, denn auch der neue Versuch, den der Feminismus theoriegeschichtlich dargestellt hat, die Frage der Heterogenität neu und radikal zu stellen, ist mir diesem Anspruch im wesentlichen gescheitert.

Die Thematik der Heterogenität taucht aber im Kontext jeder sozialen Bewegung immer sofort wieder auf, um mit deren Institutionalisierung ebenso schnell wieder zu verschwinden.

Hannah Arendt hat versucht, es über das Rätekonzept zu theoretisierung und für die politische Philosophie fruchtbar zu machen. Daneben gibt es eine grosse linke Literatur zum Thema, die vom klassischen Anarchismus bis zum Kommunitarismus der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts reicht.

Hier müsste weiter gedacht werden, wenn man sich über die soziale Konstruktion von Behinderung politisch auseinandersetzen wollte.