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«Seit einiger Zeit verdichtet sich die Vermutung, dass das Geburtsgewicht bis weit ins Erwachsenenleben hinein einen Einfluss auf das psychische Wohlbefinden des Menschen haben kann. Diese erstaunliche Erkenntnis  wird durch verschiedne Forschungsarbeiten in den vergangenen Jahren gestützt. Der Grund könnte in einer verminderten Stressresistenz von Menschjen mit tiefem Geburtsgewicht liegen. So gibt es Arbeiten, die zeigen, dass solche Personen unter Belastung mehr Stresshormonoe wie Cortisol, Adrenalin und Noradrenalin ausscheiden. Dieser Befund wird auch durch Tierversuche bestätigt».

Es wird dann festgestellt, dass die Wechselwirkungen zwischen körperlichen Gegebenheiten und psychosozialen Belastungen oft schwierig auseinanderzuhalten sind. So spiele etwa es eine Rolle, ob die Mutter rauche oder nicht.

Die Zwillingesforschung hat  hier einen interessanten Befund zu vermelden. Alle Kinder, die in der Woche zwischen dem 3. und dem 9.März 1958 in England, Wales und Schottland gebogen wurden, wurden in der Studie erfasst, darunter befanden sich auch 112 Zwillingsppare, die sich in ihrem Geburtsgewicht deutlich voneinander unterschieden. Bei jenen Paaren, , die sich in ihrem Geburtsgewicht um mehr als eine Standardabweichung unterschieden haben, ergab sich noch im Alter von 42 Jahren eine Differenz auf dem Malaise-Inventory von 0.45 Punkten. Bei diesem Bogen gilt als «normal ein Wert von 2-3 Punkten, also zeigt ein halber Punkt Differenz eine tatsächliche Differenz an. Kinder von starken Raucherinnen wissen im gleichen Alter einen um 0.3 bis 0.5 verminderten Score auf (also das gleiche Ergebnis), während Nachkommen aus der tiefsten sozialen Schickt im Hinblick auf ihr psychisches Wohlbefinden im Alter von 42 Jahren um 0.5 bis 0.7 Punkte tiefer lag als bei Kindern aus der höchsten sozialen Schicht.

Das Risiko vererbt sich,wie nicht anders zu erwarten war, über die soziale Situation. Es war schon immer beser gesund und reich zu sein, statt arm und krank.

Andererseits sei die Frage erlaubt, ob den Stressresistenz eine gesellschaftlich erwünschte menschliche Eigenschaft sei.

Wäre es nicht möglich, die Gesellschaft so einzurichten, dass die Entwicklung von Musse zu einer hervorragenden kulturellen Eigenschaft würde, zum Erfinden schöner Träume, zur Vertiefung meditativer Erfahrungen usw. Es bräuchte dazu allerdings etwas höhere Löhne und ziemlich viel weniger Lohnarbeitszeit.

Dann hätten vielleicht die Mütter jener Kinder weniger geraucht und deren Stressresistenz, nun sozial allerdings irrelevant, wäre grösser geworden.

 

Hanben Embryonen eine Menschenwürde?

NZZ, Seite 15: Inlandteil zur Eidgenössischen Abstimmung vom 28. November 2004.

Der Souverän wird sich entscheiden zur Neuordnung des Finanzausgleichs und zum Stammzellenforschuzngsgesetz.  Zwei Entscheide, die direkt mit dem Umgang mit Behinderung etwas zu tun haben.

Heute also die Stammzellenforschung.

Man prügelt sich um die Menschenwürde. Pro und Contra sind dafür und hauen auf sie ein. Mani Mattrers Wilhelm Tell, die Geschichte von der Aufführung im Leuen in Nottiswil kommt mir in den Sinn; sie würden die Freiheit gewinnen, wenn sie auf diese Art zu gewinnen wäre.

Das Problem mit der Menschenwürde ist, dass sie so schwierig zu fassen ist, deshalb so sagt der Sozialethiker der Universität Zürich, Prof. Johannes Fischer, hätte einige Philosophen sich auch gefragt, was denn der Nutzen des Begriffs sei.

Es wäre gewiss sadistisch gedacht, wenn man vorschlüge, ihnen ein paar elektrische Klemmen an Hoden zu hängen und sie nach der Folter nochmals über diesen Begriff nachdenken zu lassen.

Für Folter ist die Grenzpolizeit zuständig, welche bei Asylsuchenden nachzuforschen hat, ob diese auch wirklich glaubwürdig gefoltert wurden. Man müsste gewissermassen ein QM der Folter erfinden, so eine Art ISO-Zertifizierung, dann liessen sich echte und falsche Opfer wieder richtig voneinander trennen und die Menschenwürde, liesse sich diesbezüglich hervorragend operationalisieren. Auch wäre dann geklärt, was denn genau Folter ist und was einfach ein unmenschlicher Umgang mit Menschen.

Doch ich werde zynisch und im Zynismus erdrückt das Gefühl den Gedanken.

Nochmals zurück.

Die Menschenwürde und die Embryonen.

Wenn Menschenwürde etwas damit zu tun hat, was mit Menschen angestellt werden darf und was nicht, wie Prof. Johannes Fischer ausführt, dann ist es in der Tat schwierig, bei Embryonen von Menschenwürde zu sprechen. Denn der Begriff «Mensch» lässt sich nicht direkt auf einen Embryo anwenden.

Wörtlich im Aufsatz von Fischer: «so wie wir unterscheiden zwischen einem Menschen und dem Körper, bzw. Organismus, den er hat, so ist zu unterscheiden zwischen einem Embryo und dem Menschen, den dieser Embryo möglicherweise verkörpert. Ein Embryo ist «etwas», das in die Perspektive der Biologie fällt, ein Mensch ist «jemand».

Fischer argumentiert, dass der Embryo ein «etwas» sei, das einem Menschen nicht als ein «jemand» als ein «Du» gegenüber zu treten vermöge. Er sagt: «Träger von Menschenwürde ist der Mensch, und zwar der Mensch als «jemand», der mehr ist als der Organismus, den er hat. dies ergibt sich sowohl aus dem jüdisch–christlichen Verständnis des Menschen als gottebenbildliches Wesen als auch aus dem kantischen Gedanken der Menschenwürde, der sich ebenfalls auf den Menschen als Person und nicht auf den menschlichen Organismus bezieht. Insofern beruht die Erde von der Menschenwürde des Embryos auf einem kategorialen Missverständnis».

Wenn wir diese Argumentation lesen, bleiben wir bei den Embryonen und hüten wir uns davor, diese Argumentation als eine Allgemeine zu nehmen und sie auf andere Formen menschlichen Seins anzuwenden, der Weg in die Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert.

Fischer hält fest, dass bei der Diskussion das Moment der Entwicklung eine Bedeutung erhält. Da aus dem «etwas» im Verlauf von Schwangerschaft und Geburt ein «jemand» wird, werden der Schutz und die Menschenwürde, die die Gesellschaft diesem «jemand» zuspricht auch auf das «etwas» übertragen.

Man könnte sich hier die Frage stellen, ob das vielleicht damit zu tun haben könnte, dass wir uns in unserer Kultur daran gewöhnt haben, Verhältnisse zwischen Menschen zu substantivieren.

Fischer stellt weiter die Frage, ob dann, wenn Embryonen keine Menschenwürde haben, mit ihnen gemacht werden darf, was man will, und hält fest, dass verschiedene Autoren zwischen einer Menschenwürde, die nur Menschen haben und einer Würde des menschlichen Lebens unterscheiden. Eine solche würde das Nutzen von Embryonen für die wissenschaftliche Forschung ausschliessen.

Fischers Argument zeigt, wie wacklig das Moment der Menschwürde ist. Die Erfahrungen des Nationalsozialismus haben gezeigt, wie schnell aus Menschen Körper gemacht werden können, die man irgendwie verwertet oder totschlägt. Es genügte damals, jemandem seinen Pass wegzunehmen, bzw. ein «J» hineinzustempeln, um sich daraus ein Recht abzuleiten, Millionen von Menschen zu ermorden. Daran, dass später wiederholt festgestellt worden ist, dass dieses Recht keines war, sondern ein Unrecht, das hat nur so viel daran geändert, dass man jetzt weiss, dass Recht auch Unrecht sein kann und wir nicht wirklich wissen können, was denn Recht, jenseits seiner Konkretisierung wirklich ist. Vielleicht sollte man sich diese Frage nicht stellen. Sie stellt sich aber von selbst, auch wenn wir dies nicht wollen.

Die Erteilung der Menschenwürde an einen Menschen ist offenbar in einem hohen – zum Glück nicht mehr ausschliesslichen – Mass an die staatliche Anerkennung der Existenz eines Menschen gebunden. Ein Mensch neigt dazu, nur dann ein «jemand» zu sein, wenn ein Staat ihm attestiert ein «jemand» zu sein. Wer keine «Papiere» hat, der hat Schwierigkeiten, den Rest der Welt davon zu überzeugen, dass er ein «jemand» ist.

 

Prof. Gian Reto Plattner von der Universtität Basel macht Werbung für das Stammzellengesetz mit dem Satz: «Das Stammzellenforschungsgesetz schützt vor Missbräuchen. Weil Regelungen besser sind als Verbote, unterstütze ich die Vorlage».

Weiter oben auf der Seite werden Komitees für und gegen das Gesetz präsentiert. Die «Schweizeische Hilfe für Mutter und Kind» sagt laut ihrem Sprecher Christoph Keel, das einzige Ziel des Gesetzes bestehe darin, Emryonen für Forschungszwecke töten zu dürfen. Das Gesetz erpresse die Eltern und vertrete eine lebensfeindliche Doppelmoral. Man dürfe auch nicht mit der Hoffnung von Kranken spielen. Alle umliegenden Länder hätten strengere Gesetze als die Schweiz

Die «Schweizerische Gesellschaft für Bioethik» lehnt eine Forschung ab, die grundlegende Menschenrecht verletzt.

 

Forscher dagegen setzten sich für das Gesetz ein. Der Weg zu Therapien sei noch weit, aber die Stammzellenforschung sei eine wichtige Grundlage dafür, sagte der Zürcher Prionenforscher Adriano Aguzz an der Medienkonferenz des «Vereins Forschung für Leben». Stammzellenforschung sei grundlegend um dereinst Krankheiten des Nervensystems, aber auch Herzkrankheiten und Diabetes zu heilen; auch dürfe die interantionale Stellung des Forschungsplatzes Schweiz nicht gefährdet werden; die Schweiz habe bei einer Ablehnung des Gesetzes viel zu verlieren.

Ein interessantes Argument, darf man heute etwas Zweifelhaftes tun, nur weil damit vielleicht morgen etwas Gutes daraus resultieren könnte, allenfalls aber auch nicht?

Dafür gibt es inzwischen neue Formeln des Orakels, die Haruspices von heute, das sind die Technologiefolgeabschätzer.

Wie auch immer. es sei hier nur an das Orakel von Delphi erinnert.

Dieses hatte dem König Midas von Lydien, dem reichsten Mann der Welt, seiner Zeit, auf die Frage, was passieren, wenn er das Reich der Perser angriffe, gesagt: Dann geht ein grosses Reich unter.  Die Folgen sind bekannt, Midas griff die Perser an und sein eigenes Reich verschwand.

 

Professor Martin Rhonheimer von der Pontificia Università della Santa Croce in Rom, wo er Ethik und politische Philosophie lehrt, betitelt seinen Beitrag folgendermassen «Eine neue Form der Rechtfertigung des Tötens»

Der Aufsatz beginnt mit dem folgenden Satz: «Die Tötung menschlicher Embryonen zur Gewinnung von Stammzellen wird mit dem Argument gerechtfertigt, die nach einer In-vitro-Fertilisation einer Frau nicht mehr eingepflanzt werden können, seien ohnehin dem Tod geweiht. Auch der Bundesrat hat sich diese Argumentation zu eigen gemacht. Es sei deshalb «ethisch sinnvoller», so Bundesrat Couchepin in einem Interview mit der NZZ vom 7.10. 04, solche überzählige Emnryonen, anstatt sie «absterben» zu lassen, «für die Stammzellengewinnung zu verwenden»; dabei werde ihre Würde nicht verletzt».

 

Der Autor zeigt, dass diese Logik nicht verhält, denn weiter gedacht würde sie zur folgenden Aussage führen, dass wer sowieso sterben wird, dessen Würde nicht verletzt wird, wenn man ihn zum Nutzen der Gesellschaft noch irgendwie verwertet.

Der Autor verweist nicht auf die Nähe dieses Argumentes zum Nationalsozialismus, aber jedem aufmerksamen Leser wird genau diese Nähe auffallen und man wird sich daran erinnern, dass aus Menschen in Auschwitz auch Seife und Lampenschirme gemacht wurden; aus ihren Goldzähnen, Goldbarren, eingeschmlozen von der Degussa und in der Schweiz in den Kellern von Banken eingelagert.

Der Autor wehrt sich gegen den Versuch, die gezielte Vernichtung von menschlichem Leben moralisch abzusegnen, indem man mit seiner «sinnvollen Verwertung» argumentiere. Die Gefährlichkeit dieses Argumentes sei umso grösser, je hehrer und menschenfreundlicher die Ziele seien, die man für eine solche Rechtfertigung suche.

Die Frage nach der Menschenwürde des Embryos bejaht der Autor:

«Ein lebendes Wesen, das, wie ein Embryo der Spezies Homo sapiens, die Eigenschaft besitzt, von Natur aus spontan die Eigenschaften eines Menschen zu entwickeln, ist bereits ein Mensch – denn nur Menschen können Eigenschaften von Menschen entwickeln. Der Embryo entwickelt sich nicht zum Menschen, sondern er entwickelt sich als Mensch. Und alle Menschen ohne Ausnahme sind Personen».

«Die einzige ethisch vertretbare Lösung bleibt: Anstatt uns an der nutzbringenden Verwertbarkeit «überzäliger Emryonen» zu erfreuen, sollten wir diese – wie alle dem Tode geweihten Menschen – mit Bedauern, und gerade damit ihre menschliche Würde anerkennend sterben lassen.»

Der Artikel schliess mit dem Argument, dass das, was jetzt vielleicht einen kurzfristigen forschungspolitischen Nachteil darstelle, der Schweiz dereinst zur Ehre gereichen könnte, «Vielleicht stiege sie  dardurhc sogar zum Vorreiter auf dem Gebiet der ethisch unbedenklichen und zukunftsträchtigen Forschung mit adulten sTammzellen auf. Das hiesse dann durch ethisches Verhalten einen Standortvorteil gewinnen».

 

«Soll man Embryonen das Wahlrecht geben?» lässt Philipp Roth seinen Präsidenten Tricky D. Dixon in seiner Satire auf den us-amerikanischen Präsidenten Richard Nixon sinnieren.

 

Die ganze Diskussion liegt völlig schief. In allen Artikeln wird «genutzt», unterstellt wird dabei immer als selbstverständlich, dass das, was grossse Kapitalgesellschaften als «Nutzen» definieren, auch ein Nutzen für die Gesellschaft als Ganze sei.

Forschung muss nicht zwingend nützlich sein, sondern muss Wissen generieren.

Die Art und Weise wie Wissen worüber generiert wird, erfolgt nie zweckfrei. Es stehen dahinter immer Kalküle, die mit dem Leitwert unserer Gesellschaftt verbunden sind.

Der Leitwert dieser Gesellschaft ist der Kapitalbegbegriff, der darin besteht aus einem Ausgangskapital ein Delta zu gewinnen, den Gewinn, gleich wo und wie dieses Ausgangskapital genutzt wird.

Wenn aber der leitende Wert einer Gesellschaft – oder sgen wir lieber einer Kultur, dem Geist der Zeit entsprechend – ein abstrakter geworden ist, dann geraten alle jene Werte, die dieser abstrahierten Ebene gegenüber konkret sind, wie z.B. Menschenwürde, in eine Schieflage, sie vermögen dann keine handlungsleitenden Orientierungen mehr zu geben und werden zum Gegenstand politischer Auseinandersetzung. Das dürften sie aber grundsätzlich nicht, denn sie sollten die Orientierungsrahmen für solche Auseinandersetzungen erst abgeben.