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Gestern Hirndoping, heute einsame Drogentodesfälle von so genannten Stars im 20minuten, auf Seite 21 nach Heath Ledger's Tod anfang der Woche, während die einen sich das Leben nehmen, weil sie sich als Stars überfordert fühlen, gehen die Kids auf Seite 25 aus Wales einen anderen Weg: sie nehmen sich das Leben, damit sie coolerweise einen Totenschrein auf dem Internet erhalten. Live fast and die young.
Dann wurden in Frankreich 7000 Personen, die fünf Röntgenpraxen aufgesucht hatten zur Krebsvorsorge aufgeboten, sie hatten wohl ein wenig zu viel x-rays erhalten, vieleicht wurden sie auch mit Viren infiziert. (seite 11) und auf Seite 9, steht nicht nur, dass sich Bundesrat Leuenberger um eine Busse herumgeschwindelt hat, sondern auch:
«Hosen abgefackelt. BUSSIGNY. Ein 19-jähirger hat am 15. Dezember in Bussigny VD die Hosen eines Obdachlosen in Brand gesteckt, während dieser schlief. Wie die Polizei gestern bekannt gab, ist der junge Einheimische geständig».
Als Einheimischer wird er nun eingeheimt, also ins Heim kommen, dort wird er wahrscheinlich sagen, er habe «Seich» gemacht.

Nun nach dem Gratisblatt aber rasch ab zur seriösen Presse.
Die NZZ weiss aus Basel spannendes zu berichten.
Die beiden Basel, so steht es auf Seite 18, bis ins Jahr 2011 die Finanzierung der Behindertenhilfe auf Subjekt-Finanzierung umstellen. Das Projekt wurde gestern vorgestellt, es soll 2009 in die Vernehmlassung gehen, Ende 2009 möchte man das Projekt gerne beim Bundesrat einreichen, 2010 dafür grünes Licht erhalten und 2011 mit dem neuen Regime beginnen.
Auf den Widerstand der Heimlobby und der Behindertenverbände darf man heute schon gespannt warten.
Auf Seite 53 hat der Zürcher Gemeinderat getagt, die Sozialinspektoren gelobt und sich erste Gedanken über den Ausbau der Kontrolle gemacht. Etwas anderes war denn auch wohl kaum zu erwarten.
Ich weiss nicht, weshalb ich nicht ernst genommen werde. Seit Wochen schon schlage ich vor, allen Neugeborenen subkutan einen Chip einzubauen, der mit allen möglichen Bewegungs- und anderen Meldern koordiniert ist. Er könnte auch ständig die Blut- und anderen Saftwerte im Körper messen und wäre in jeder Hinsicht geeignet, die Kontrolle der Lebensqualität der Menschen zu erhöhen. Alle Bürokratie würde überflüssig. Die Kinder wären gut ernährt, gut gehirngedopt, ständig überwacht, die ECTS-Punkte könnte Bologna-gerecht abgerechnet werden, die Prüfungen immer mit den je individuell optimalen Drogendosen durchgeführt werden. Der Wettbewerb wäre vollkommen, alle wären endlich gleich, wenngleich die einen wohl etwas gleicher wären als die anderen, aber das hatten wir schon.
Ach ja, da war noch was im Kasten:
«Freigestellte Mitarbeiterinnen des Sozialdienstes wehren sich gegen Untersuchung».
Nicht wahr letzte Woche, also eine Woche vor der vorgestrigen Pressekonferenz und der gestrigen Gemeinderatssitzung, da hatte doch die Weltwoche von Herrn Köppel, in einer Art Spitzenklöpplerei aus dem Nähtäschen des Sozialamtes geplaudert und von den schlimmen Missbrauchsgeschichten erzählt. Der Zeitung dienten dabei interne Berichte, die weil sie eben intern sind, nicht an die Öffentlichkeit gehören, als Grundlage. Die beiden hatten aufgrund der unterdrückerischen Kultur im Sozialamt sich nicht getraut, ihre Beschwerden auf dem Dienstweg einzureichen, so schlimm ist es bereits gekommen bei uns. Die SVP verlangt eine parlamentarische Untersuchungskommission, die Vorsteherin des Sozialamtes hat derweilen eine Administrativuntersuchung eingeleitet, gegen welche sich die Freigestellten zur Wehr setzen, da diese Untersuchung mit der Strafuntersuchung gegen sie interferiere. «Nach Absprache mit der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich wäre es laut den beiden «sachgerecht und rechtsstaatlich bedenklich», parallel zum Strafverfahren dieselben Personen einzuvernehmen. Zudem zweifeln die beiden freigestellten Mitarbeiterinnen die Unabhängigkeit des Gutachters an».
Tja, Frau Stocker, hier ist erhebliches Kampagnen-Know-How im Hintergrund, das sich wohl mit Pressekonferenzen allein nicht so schnell aushebeln lässt.
In der Stadt Zürich ist sowieso bei der Stadt und ihren Betrieben ziemlich viel los. So schaut doch die VBZ auch darauf, dass die Fahrpläne eingehalten werden. Leider hat die Justiz für so viel Ordnung nicht immer das richtige Musikgehör. Es bestrafte eine Wagenführerin der VBZ wegen fahrlässiger Tötung zu einer Strafe von 60 Tagessätzen à 50 Franken (3000 Fr.) bedingt und zu einer Busse von 1000 Fr. Einem Sohn des Opfers – wir kommen gleich darauf zurück – muss sie eine Genugtuung von 3000 Fr. bezahlen. Die Rechtsschutzversicherung hatte Revision eingelegt. Um was ist es gegangen?
Am 2. März 2004 wurde eine 92 jährige Frau beim Hottingerplatz vom Tram erfasst und getötet.
«Die Tramwagenführerin war aus der Haltestelle Hottingerplatz stadteinwärts gefahren. Gemäss Anklage hatte sie nach dem Anfahren gesehen, wie die Fussgängerin begonnen hatte, die Strasse sehr langsam, an einem Stock vorübergebeugt und ohne auf den Verkehr zu achten, zu überqueren. Trotz der Gefahrensituation habe die Tramführerin das Tram weiter beschleunigt und nur die Rasselglocke betätigt. Erst als die Fussgängerin nicht reagierte, habe die Angeklagte einen Notstopp eingeleitet. Die Angeklagte, die seit 1988 bei der VBZ arbeitet, verlangte vor Gericht einen Freispruch. Ein solches Verhalten habe sie zuvor noch nie erlebt. «Auch alte Leute bleiben normalerweise stehen, wenn man glögglet», sagte sie. «Ich würde es heute nicht anders machen». Die Frage: «Hätten Sie nicht früher reagieren müssen?», verneinte sie. Ihr Anwalt kritisierte die «realitätsfremde Haltung» der Anklage. Seine Mandantin hätte sich auf das Warnzeichen verlassen dürfen».
Das Bezirksgericht nahm in seiner Realitätsfremdheit tatsächlich die Haltung ein, dass die Tramführerin aufgrund der Bewegungen der alten Frau auf deren Fehlverhalten hätte gefasst sein müssen und deshalb darauf hätte verzichten sollen, das Vortrittsrecht des Trams durchzusetzen. Die Polizei hatte bei ihren Untersuchungen herausgefunden, dass der Unfall nicht stattgefunden hätte, wenn die Wagenführerin eine halbe Sekunde früher gestoppt hätte.
Eine halbe Sekunde Normalität, die über Leben und Tod entscheidet. Man kann sich vorstellen, was die Wagenführerin empfand, als sie die alte Frau einfach so über die Strasse schleichen sah, des Verkehrs nicht achtend. Ich kann diese Wut, diese Kränkung der eigenen Autorität, über diese Missachtung aller Regeln und Normen, die doch für den Strassenverkehr gelten und deren Geltung uns allen immer wieder eingeschärft wird, nachempfinden. Gilt denn das Recht nicht für alle? Und im inneren Aufschrei der Empörung wird geklingelt und zu spät gebremst und schon ist die alte Frau tot. Vielleicht hat die alte Frau auch nur ein wenig schlecht gehört und auch nicht mehr so gut gesehen, das soll ja bei älteren Leuten – sie war 92 Jahre alt – auch schon mal vorkommen.
Gewiss verstört einem die Uneinsichtigkeit der Tramwagenführerin, die ganz im Kontext einer konventionellen Moral argumentiert. Wo kämen wir hin, wenn diese nicht mehr gälte? Irgendwohin halt, jedenfalls nicht pünktlich nach dem Fahrplan ans Ziel. Vor Gericht steht in diesem Fall nicht einfach nur das Fehlverhalten einer bestimmten Person, die entsprechend ihrem Delikt zu verurteilen ist. In einem gewissen Sinne steht auch ein Sozialcharakter vor Gericht, der durch seine Normgläubigkeit und Normfixiertheit kaum noch in der Lage ist, Prinzipienfestigkeit mit Flexibilität zu verbinden, also einfach wieder das zu sein, was früher «menschlich» gennant worden ist. Nicht, dass solche Humanität die Welt schon retten würde, wir wollen ja nicht übertreiben, aber die Zeiten sind so, dass heute daran wieder erinnert werden muss.